Am 23. und 24. September fand an der TH Nürnberg das jährliche „Fachforum Onlineberatung“ zu sechsten Mal statt. Als wir vor gut sechs Jahren diese Tagung als relativ kleine Veranstaltung ins Leben gerufen haben, lautete die Marschroute „mal schauen was draus wird“. Dass sich diese Veranstaltung zur größten Tagung zum Thema Onlineberatung entwickeln würde, haben wir uns damals noch nicht ausgemalt.
Ich finde es spannend zu beobachten, was sich in den letzten Jahren getan hat und und wieviel gleichzeitig noch zu tun ist. Es gibt viele tolle Innovationen, sei es technischer (Softwareentwicklungen) oder konzeptionell-methodischer Art. Ich selbst hatte das Vergnügen, ein Forum zum Thema „Blended Counseling“ zu moderieren, inkl. Live-Zuschaltung von Tilman Pritzens aus Berlin, der von seiner Arbeit berichtete. Außerdem gaben vor Ort Wilfried Jahn von der Online-Schuldnerberatung Berlin des Deutschen Caritasverband, Martina Korn von HPE aus Österreich und Petra Schyma von der Onlineberatung von donum vitae e. V. spannende Einblicke in ihre Arbeit. Die vollständige Tagungsdokumentation wird in einigen Tagen zum Download hier bereitstehen.
„Blended Counseling“ meint nichts anderes als die systematische Verknüpfung von unterschiedlichen Beratungssettings (Telefon, face-to-face und online). In vielen psychosozialen Beratungseinrichtungen wurde (und wird auch noch) Onlineberatung häufig noch neben der „klassischen“ face-to-face-Beratung angeboten. Sozusagen als ein Zusatzangebot, das aber abgekoppelt von den anderen Beratungsangeboten stattfindet.
Je mehr sich aber die Onlineberatung in den letzten Jahren zu einem ernstzunehmenden und vor allem gleichwertigen Beratungsformat entwickelt hat, desto mehr beginnen auch die Einrichtungen ihr beraterisches Handeln zu überdenken und die Onlineberatung in die Konzeption zu integrieren. Es entwickelt sich ein Verständnis dafür, dass eine professionell gestaltete Verzahnung von On- und Offline-Beratung für den Beratungsprozess gewinnbringend ist. So können Wartezeiten „online“ überbrückt, niedrigschwellige Einstiege bei schwierigen Problemlagen online beginnen und bei Bedarf face-to-face fortgesetzt oder schlicht und einfach flexiblere Beratungsangebote gestaltet werden.
Für die Beratenden bedeutet dies nichts anderes, als ihre Prozessverantwortung weiter zu denken: Wo liegen mögliche Implikationen für einen Settingwechsel? Wie gestalte ich diesen? Was ist hinsichtlich des Datenschutzes zu beachten?
„Nichts anderes“? Nun ja, es bedarf hier doch tiefergehender Überlegungen und auch einiger konzeptioneller Neustrukturierungen – teils auch über die eigenen Trägergrenzen hinaus, was nach wie vor schwierig ist, da Beratung oft an kommunale Geldtöpfe gebunden ist.
Ganz unabhängig davon bleibt für mich vor allem ein Satz, der im Laufe unserer Diskussion fiel in Erinnerung: „Unsere Klient/innen entscheiden, auf welchem Weg (on/offline) sie unsere Unterstützung in Anspruch nehmen möchten“. Einfach aber wahr.